Datenschutz: Dürfen Arbeitgeber den Impstatus ihrer Mitarbeiter abfragen?

Ende August startete eine Diskussion darüber, ob Arbeitgeber ihre Beschäftigten danach fragen dürfen, ob sie gegen Covid-19 geimpft sind oder nicht. Seit dem 03.09., als dieser Blogbeitrag zuerst erschienen ist, hat sich viel geändert. Es ist mehr als überfällig die neusten Entwicklungen zu berücksichtigen. Konkret: Was änderte sich bei der Abfrage des Impfstatus durch das aktualisierte Infektionsschutzgesetz?

Dürfen Arbeitgeber den Impfstatus stand heute abfragen?

Nur in Ausnamefällen ist es Arbeitgebern möglich, den Impfstatus ihrer Beschäftigten zu erfragen. Die Kollegin und Rechtsanwältin Doris Kiefer schrieb einen lesenswerten Artikel in der Juli Ausgabe der Datenschutz PRAXIS zum Thema. Ihre Quintessenz:

„Eine rechtliche Grundlage dafür, dass Arbeitgeber den Impfstatus ihrer Beschäftigten abfragen gibt es (derzeit) nicht. Weder die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) noch das Infektionsschutzgesetz (IfSG) sehen solche Verpflichtungen für den Arbeitgeber vor.“

Sie führt weiter aus, dass Arbeitgeber nur mit einer Einwilligung der Beschäftigten den Impfstatus erheben könnten, allerdings nur, wenn sie wirksam einwilligen. Die Anforderungen sind hierfür hoch, da sie freiwillig, informiert, unmissverständlich und widerrufbar sein muss. Allein zur Frage der Freiwilligkeit arbeiteten sich unzählige Arbeitsrechtler und Datenschutzbeauftragte in der Vergangenheit ab und es bleibt fraglich, ob eine solche Einwilligung die hohen Anforderungen erfüllt. Zusätzlich hält Frau Kiefer es für zwingend erforderlich, eine Datenschutz-Folgenabschätzung durchzuführen. Da es sich um besonders schützenswerte Gesundheitsdaten handelt und eine zweckfremde Verwendung zu erheblichen Nachteilen führen kann (mehr dazu später), schließe ich mich ihrer Einschätzung an.

Nur in Ausnahmefällen dürfen Arbeitgeber den Impfstatus abfragen

Die Datenschutzkonferenz wies am 19. Oktober 2021 in ihrem Beschluss zum Impfstatus nochmals explizit daraufhin, dass Arbeitgeber ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage den Impfstatus nicht verarbeiten dürfen. Da es sich beim Impfstatus um Gesundheitsdaten handelt, dürfen Arbeitgeber diese nur ausnahmsweise verarbeiten. Die Datenschutzkonferenz nennt in ihrem Beschluss die üblichen Ausnahmen, die es explizit erlauben, den Impfstatus abzufragen:

  • Krankenhäuser, Arztpraxen dürfen dies gemäß §§ 23a, 23 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz
  • Träger von Kindertageseinrichtung, Pflegeeinrichtungen dürfen dies gemäß § 36 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz (mehr dazu weiter unten) im Zusammenhang mit Corona
  • Arbeitgeber dürfen dies nach § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz um Ansprüche auf Lohnersatz geltend zu machen
  • Arbeitgeber dürfen dies sofern, es spezielle Rechtsverordnungen zur Pandemiebekämpfung auf Basis des Infektionsschutzgesetz gibt (davon macht Bayern z.B. Gebrauch)

Was ist zusätzlich zu beachten, wenn Arbeitgeber ausnahmsweise den Impfstatus abfragen bzw. darf der Arbeitgeber den Impfpass kopieren?

Die Aufsichtsbehörden weisen in ihrem Beschluss explizit daraufhin, dass Arbeitgeber mit dem Impfstatus datenminimiert umgehen. In vielen Fällen gestatten die CoronaVerordnungen nur, dass sich Arbeitgeber nur den Nachweis vorzeigen lassen dürfen. Eine Kopie der Nachweise oder Impfpässe ist damit nicht erlaubt. Arbeitgeber dürfen lediglich dokumentieren, dass ihnen ein Nachweis vorgelegt wurde.

Zusätzlich ist zu beachten, dass sie den Impfstatus zu Corona nur solange speichern dürfen, wie dies erforderlich ist. Noch ist dies an das Ende der epidemischen Lage von nationaler Tragweite gekoppelt, aktuell ist dies der 25. November 2021. Ob das wegen des derzeitigen Infektionsgeschehens so bleibt, bleibt zu beobachten.

Außerdem ist darauf zu achten, dass Arbeitgeber nachweisen können, dass Einwilligungen auch wirklich freiwillig waren, wenn sie diese verwenden.

Mehr zum korrekten Umgang mit den abgefragten Daten finden Sie in unserem Begleitartikel „Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Datenschutzkonforme Dokumentation des Impfstatus durch Arbeitgeber vom 20.09.2022“.

Seit dem 07.09.21 dürfen Schulen, Kindergärten oder Pflegeheimen den Impfstatus abfragen

Durch die Änderung des Infektionsschutzgesetz dürfen Arbeitgeber seit dem 07. September den Impfstatus in Schulen, Kindergärten oder Pflegeheimen von ihren Mitarbeitern abfragen. Dies soll temporär bis zum Ende der epidemischen Notlage nationaler Tragweite gelten. Damit liegt in diesen Fällen eine konkrete Erlaubnis zur Datenverarbeitung vor. Darf der Arbeitgeber dann flächendeckend und undifferenziert den Impfstatus abfragen? Nein! Plant z.B. ein Pflegeheim dies umzusetzen, so muss sie immer die Zielrichtung des Gesetzes und die individuellen Umstände berücksichtigen.

Beispiel 1: Pflegeheim in dem vulnerable Gruppen Kontakt zum Pflege- und Verwaltungspersonal haben

Wenn in einem Pflegeheim alle Beschäftigten des Pflegeheims aufgrund der räumlichen Situation Kontakt zu den vulnerablen Klienten haben, so ist eine Abfrage des Impfstatus vertretbar. Es besteht potentiell das Risiko, dass das Pflege- oder des Verwaltungspersonal durch den persönlichen Kontakt mit den Klientinnen eine Infektion übertragen könnte.

Beispiel 2: Größere soziale Einrichtung mit räumlich getrenntem pflegerischem Angebot und Verwaltung

Größere soziale Einrichtungen verfügen häufig über verschieden räumlich voneinander getrennte regionale Angebote. Die Hauptverwaltung kann von einem Pflegeheim z.B. vollständig räumlich getrennt sein. In dem Pflegeheim arbeiten selbstverständlich Pflege- und Verwaltungskräfte, die wiederum regelmäßig Kontakt zu vulnerablen Gruppen haben. Ist es hier legitim den Impfstatus abzufragen? Für das Pflegeheim ist dies wie oben beschrieben möglich. Wie verhält es sich jedoch mit der Hauptverwaltung? Wenn Daten verarbeitet werden sollen, ist immer zu berücksichtigen, ob die Daten erforderlich sind und ob man sie minimiert verarbeitet. Da die Hauptverwaltung ja gerade räumlich getrennt von den vulnerablen Angeboten ist, erschließt sich nicht, warum die Abfrage erforderlich sein sollte. Wenn die Einrichtung zusätzlich noch per Arbeitsanweisung vorgibt, dass Kontakte der Hauptverwaltung mit Personen der pflegerischen Angebote oder den Klienten zu unterlassen sind, so ist es möglich, auf die Abfrage des Impfstatus in der Hauptverwaltung zu verzichten.

Unsere Anfrage diesbezüglich beantwortete das Sozialministerium BW übrigens so:

„Nach Sinn und Zweck der Regelung und unter Berücksichtigung des von Ihnen zu Recht ins Feld geführten Grundsatzes der Datensparsamkeit halte ich eine Frage nach dem Impfstatus bei Verwaltungsbeschäftigten, die erkennbar nicht dem Zweck der Vermeidung des Viruseintrags in die Versorgungseinheiten dienen kann, für unverhältnismäßig. Insoweit schließe ich mich Ihrer Einschätzung an.“

Erhebung für Prüfung auf Entschädigungsanspruch bei Quarantäne

Eine weitere Ausnahme bei der der Arbeitgeber den Impfstatus abfragen darf, ist, wenn er Entschädigungsansprüche wegen einer behördlich angeordneten Quarantäne einer Arbeitnehmerin prüft. § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) beinhaltet die relevanten Regelungen. Wenn das Gesundheitsamt eine Arbeitnehmerin in Quarantäne schickt, muss der Arbeitgeber das Gehalt nicht weiterzahlen, er muss jedoch eine Entschädigungsleistung auszahlen. Ab dem 01. Oktober müssen Arbeitgeber bei ungeimpften Personen nicht mehr vorleisten, wenn die Arbeitnehmerin eine Erkrankung dadurch hätte vermeiden können, wenn sie sich hätten impfen lassen (§ 56 Abs. 1 S. 4 IfSG). Um dies zu prüfen, muss der Arbeitgeber wissen, ob die betroffene Arbeitnehmerin geimpft ist oder nicht und kann dies üblicherweise nur direkt von ihr erfragen.

Welche Ausnahmen gibt es für Arbeitgeber den Impfstatus abzufragen?

Es gibt noch weitere Ausnahmen von der Regel, z.B. für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und vergleichbare Einrichtungen in der Pflege, die die CoronaVO Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen beinhaltet. (Anmerkung: Bitte beachten Sie, dass ich in diesem Beitrag nur die Perspektive von Baden-Württemberg betrachte. In anderen Bundesländern können andere Regelungen gelten!) Diese CoronaVO verlangt z.B. von stationären Einrichtungen für Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf oder mit Behinderungen, Einrichtungen der Kurzzeitpflege oder ambulant betreute Wohngemeinschaften regelmäßige Schnelltests. Nach § 3 Abs. 14 muss sich das nicht-immunisierte Personal von stationären Einrichtungen und ambulanten Pflegediensten arbeitstäglich vier Mal pro Woche testen lassen, während sich immunisierte Personen (geimpft oder genesen) der stationären Einrichtungen nur einmal pro Woche testen lassen müssen. Wie diese Einrichtungen personenbezogene Daten für diese Tests verarbeiten dürfen, führt der Gesetzgeber nicht weiter aus.

Daher stellen sich die folgenden Fragen:

  1. Wie können nun soziale Einrichtungen sicherstellen, dass sich nicht-immunisierte Personen mehrfach pro Woche testen lassen, während dies bei den immunisierten Personen nur noch einmal pro Woche erforderlich ist?
  2. Wie gehen soziale Einrichtungen damit um, dass genesene Personen nur zeitweise als immunisiert gelten, da sie gemäß § 2 Nr. 5 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung nur bis zu 6 Monaten nach ihrer bestätigten Genesung als immunisiert gelten?

Am Rande sei noch auf die aktuelle Diskussion verwiesen, dass die Wirkung bestimmter Impfungen nach einigen Monaten nachlässt und es für hochvulnerable Personen sinnvoll sein kann, sich mit einem anderen Impfstoff impfen zu lassen. Derzeit beschränkt der Gesetzgeber den Impfstatus jedenfalls noch nicht.

Welche Möglichkeiten haben soziale Einrichtungen hier?

Soziale Einrichtungen könnten nun pauschal alle Personen regelmäßig testen, unabhängig vom jeweiligen Status. Dass dies zu Unmut beim Personal und den Einrichtungsleitungen führt, dürfte klar sein. Schließlich hat sich doch die eine oder andere impfen lassen, um sich nicht mehr so häufig testen lassen zu müssen. Dann hat auch die soziale Einrichtung ein berechtigtes Interesse daran, nur die erforderlichen Personen zu testen. Sie organisiert jeden Test, führt diesen durch eigenes oder fremdes Personal durch und die getesteten Personen arbeiten während der Tests nicht. All das sind berechtigte Interessen, Tests zielgerichteter durchzuführen, sowohl aus Sicht des Personals als auch der Einrichtung.

In der Praxis entwickeln soziale Einrichtungen gemeinsam mit ihren Datenschutzbeauftragten (hoffentlich) datenschutzfreundliche Verfahren. Dabei definieren sie beispielsweise bestimmte Personen (Tester), die die Tests organisieren und durchführen. Wenn sich jemand testen lässt, so offenbart er nur der Testerin welchen Status (geimpft, bis wann genesen) er hat. Gemäß § 3 Abs. 14 der CoronaVO Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen müssen Beschäftigte den Test-, Impf- oder Genesenennachweis auf Verlangen vorlegen. Die Testerin notiert daraufhin datenschutzfreundlich, dass sie den Nachweis überprüft hat, wen sie getestet hat und wann sie den Test durchführte.

Vorgehensweise zur Organisation von Schnelltests

Zur besseren Organisation der Schnelltests halte ich es datenschutzrechtlich für vertretbar, wenn die Testerin sich ebenfalls notiert, bis wann eine reduzierte Anzahl von Tests bei einer Person durchzuführen sind bzw. wenn generell nur ein Test pro Woche durchzuführen ist. Dies halte ich für erforderlich, um die Testungen zu organisieren, da ansonsten jeden Tag sämtliche Personen nachweisen müssten, dass sie sich an diesem Tag nicht testen lassen müssten und sie wieder unverrichteter Dinge an ihren Arbeitsplatz zurückkehren würden. So weist die soziale Einrichtung eine sorgfältige Vorgehensweise zur Erfüllung der gesetzlichen Regeln nach. Selbstverständlich ist sicherzustellen, dass die Testerin die erfassten Daten regelmäßig löscht und nicht für andere Zwecke verwendet.

Der genannte Sachverhalt ist eine der wenigen Ausnahmen, bei der der Arbeitgeber für den Zweck Tests durchzuführen, Angaben zum Impfstatus bzw. Daten, die es ermöglichen einen Rückschluss zum Gesundheitszustand zu ziehen, speichert.

Erhebung für Prüfung Entschädigungsanspruch bei Quarantäne

Eine weitere Ausnahme bei der der Arbeitgeber den Impfstatus abfragen darf, ist, wenn er Entschädigungsansprüche wegen einer behördlich angeordneten Quarantäne einer Arbeitnehmerin prüft. § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) beinhaltet die relevanten Regelungen. Wenn das Gesundheitsamt eine Arbeitnehmerin in Quarantäne schickt, muss der Arbeitgeber das Gehalt nicht weiterzahlen, er muss jedoch eine Entschädigungsleistung auszahlen. Ab dem 01. Oktober, bzw. in Baden-Württemberg nach einem Beitrag in der Stuttgarter Zeitung vielleicht auch schon früher, sollen Arbeitgeber bei umgeimpften Personen nicht mehr vorleisten müssen, wenn die Arbeitnehmerin eine Erkrankung dadurch hätte vermeiden können, wenn sie sich hätten impfen lassen (§ 56 Abs. 1 S. 4 IfSG). Um dies zu prüfen, muss der Arbeitgeber wissen, ob die betroffene Arbeitnehmerin geimpft ist oder nicht und kann dies üblicherweise nur direkt von ihr erfragen. Somit liegt eine weitere Ausnahme vor.

07.09.: Änderung des Infektionsschutzgesetz zur Erhebung in Schulen, Kindergärten oder Pflegeheimen

Durch eine aktuelle Änderung des Infektionsschutzgesetz dürfen nun Arbeitgeber den Impfstatus in Schulen, Kindergärten oder Pflegeheimen von ihren Mitarbeitern abfragen. Dies soll temporär bis zum Ende der epidemischen Notlage nationaler Tragweite gelten. Damit liegt in diesen Fällen eine konkrete Erlaubnis zur Datenverarbeitung vor.

Warum wollen Arbeitgeber den Impfstatus ihrer Beschäftigten abfragen?

Die Arbeitgeberverbände begründen das damit, dass sie diese Information benötigen, um Schutzmaßnahmen für ihre Mitarbeiter sicherzustellen. Außerdem argumentieren sie, dass sie zwar einerseits verpflichtet wären, ihren Beschäftigten kostenlose Corona-Tests anbieten zu müssen, andererseits jedoch nicht nach der Impfung fragen dürften. Schauen wir uns die Argumente genauer an.

  1. Sicherlich wollen Arbeitgeber vermeiden, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Covid-19 infizieren und diese dann in Quarantäne müssen und damit nicht mehr arbeiten können. Dazu sind sie z.B. auch durch die noch bis zum 10. September geltende aktuelle Arbeitsschutzverordnung verpflichtet. Arbeitgeber müssen Gefährdungen beurteilen und betriebliche Hygienemaßnahmen treffen, um ihre Beschäftigten vor Infektionen zu schützen, z.B.
    • Desinfektionsmittel an allen Zugängen aufstellen,
    • medizinische Gesichtsmaske tragen, sofern es die Gefährdungsbeurteilung erfordert,
    • Kontakte reduzieren, z.B. dadurch, dass sich gleichzeitig nur wenige Personen in gemeinsamen Büros aufhalten
    • Schnelltests (zweimal pro Woche) an Beschäftigte anbieten, die nicht dauerhaft im Home-Office arbeiten. Diese Tests sind nicht erforderlich, wenn andere Schutzmaßnahmen einen gleichwertigen Schutz sicherstellen.
  2. Arbeitgebers und die Kollegen hätten ein legitimes Interesse zu erfahren, wie hoch das Ansteckungsrisiko sei.
  3. Eine Impfflicht für bestimmte Bereiche erleichtere es, Personal einzuplanen.
  4. Datenschutz sei nicht absolut und wäre mit Gesundheitsschutz und der Pandemiebekämpfung abzuwägen.

Arbeitgeber wollen ihre Beschäftigten schützen. Ist es dafür erforderlich, diese zu fragen, wie ihr Impfstatus ist?

Nehmen wir an, sämtliche Mitarbeiter wären bereits geimpft und alle kehren zurück ins Büro. Arbeitgeber könnten die Risiken durch Covid-19 Infektionen nun als gering bewerten. Was wären die Vorteile, wenn sie sich dazu entschließen, Schutzmaßnahmen entfallen zu lassen?

  • Sie sparen Arbeitszeit und Geld, da sie beschließen, dass sie keine Schnelltests mehr anbieten.
  • Sie verbessern das soziale Miteinander, da keine Gesichtsmasken mehr zu tragen sind und alle Beschäftigten wieder vor Ort arbeiten. Durch den direkten Kontakt erledigen die Kollegen ihre Aufgaben effizienter.
  • Der eine oder andere Arbeitgeber könnte sich besser fühlen, da er wieder genau sieht, dass die Kollegen arbeiten, was er im Home-Office nicht so gut nachvollziehen kann.

Was sind mögliche Nachteile?

  • Der eine oder andere Beschäftigte kehrt demotiviert zum Arbeitsplatz zurück, da er zu Hause selbstbestimmter arbeiten konnte.
  • Dadurch, dass viele Kollegen bereits geimpft sind, ist die Wahrscheinlichkeit von Infektionen niedriger. Wenn sie jedoch auftreten ist es durch die reduzierten Schutzmaßnahmen wahrscheinlicher, dass sie sich stärker verbreiten, da die Impfung zwar vor schweren Verläufen schützt, jedoch nicht vollumfänglich vor einer Infektion.

Der letzte Punkt ist erklärungsbedürftig. Die CDC (Centers for Disease Control and Prevention, das US Äquivalent zum deutschen Robert-Koch-Institut) veröffentlichte Erkenntnisse zur Delta-Variante, die daraufhin weisen, dass geimpfte Personen deutlich seltener an Covid-19 erkranken. Wenn sie jedoch infektiös sind, dann verteilen sie die gleiche Virenlast wie Ungeimpfte. Ihre Krankheitsverläufe seien auch weniger schwerwiegend. All das war in einem Beitrag der New York Times Ende Juli zu lesen. Die britische Gesundheitsbehörde kam laut Tagesspiegel zu einer ähnlichen Bewertung. Auf diesen Sachverhalt wiesen auch Journalisten bei der Bundespressekonferenz hin.

Weitere Überlegungen zum Infektionsschutz

Zusätzlich sind Aerosolforscher der Auffassung, dass sich Menschen vor allem in Innenräumen, wenn die Luft sich nicht erneuert und zirkuliert, anstecken. Unzählige Medien berichteten dazu, auch das ZDF. Sofern Organisationen nicht flächendeckend Luftaufbereitungsanlagen einsetzen, so dürfte die Kombination aus hoch infektiöser Delta-Variante plus viele Menschen auf engem Raum ein Garant für Infektionen sein. Infizierte Kollegen müssen nach der derzeitigen Rechtslage in häusliche Quarantäne und können nicht mehr weiterarbeiten.

Nehmen wir nun an, dass nur ein paar oder wenige Personen geimpft sind und alle kehren zurück ins Büro. Arbeitgeber könnten die Risiken durch Covid-19 Infektionen nun als hoch bewerten. Was wären die Folgen?

Die Schutzmaßnahmen gelten wie bisher weiter. Einzelne Kollegen wechseln sich dabei ab, ob sie im Büro oder im Home-Office arbeiten. Vermutlich wären geimpfte Personen vor Ort und noch nicht geimpfte blieben zu Hause, denn das Risiko, dass sich letztere anstecken, ist höher und sie erkranken schwerer, als die bereits Geimpften. Selbst wenn nur geimpfte Personen vor Ort arbeiten würden, dann drohen die oben genannten Risiken von Infektionen mit Delta weiter. Ändert sich also irgendetwas?

Zwischenfazit:

Sofern man den Bewertungen der CDC oder der britischen Gesundheitsbehörde glaubt, dann sind die Auswirkungen auf Hygienekonzepte identisch, völlig unabhängig davon, ob der Arbeitgeber den Impfstatus kennt oder nicht. Umsichtige Arbeitgeber führen die Schutzmaßnahmen wie bisher weiter, da ein Verzicht auf Schnelltests, Gesichtsmasken, Luftaufbereitung und Hygiene mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führt, dass einzelne Arbeitnehmer sich infizieren und in Quarantäne müssen.

Hat ein Kollege ein legitimes Interesse zu erfahren, wie hoch das Ansteckungsrisiko ist?

Schauen wir uns das zweite Argument an, dass Arbeitgeber und die Kollegen ein legitimes Interesse hätten, zu erfahren, wie hoch das Ansteckungsrisiko sei. Die Sicht des Arbeitgebers habe ich oben bereits betrachtet. Hat ein Kollege ein legitimes Interesse zu erfahren, wie hoch das Ansteckungsrisiko ist?

  • Selbstverständlich möchte sich jeder Arbeitnehmer davor schützen, sich mit Covid-19 anzustecken. Was würde sich ändern, wenn Arbeitnehmer wüssten, dass viele ihrer Kollegen noch nicht geimpft sind? Möglicherweise bleiben sie noch länger im Home-Office, sofern sie dies selbst entscheiden können und der Arbeitgeber dies zulässt. Im Gegensatz zu früher, als die Arbeitsschutzverordnung es Arbeitgebern nur in Ausnahmefällen ermöglichte, dem Arbeitnehmer Home-Office zu verweigern, gilt das in der aktuellen so nicht mehr. Wenn es der Arbeitgeber anweist, dann muss der Arbeitnehmer ins Büro zurück und dann gilt für ihn das dortige Hygienekonzept. Der eine oder andere Kollege könnte sich möglichweise unwohl fühlen, dass er mit Kollegen, die noch zögern, sich impfen zu lassen oder mit Kollegen, die sich generell nicht impfen lassen wollen, zusammenarbeiten muss. Das könnte die Stimmung drücken und untereinander zu Konflikten führen.
  • Auch in diesem Fall würde der Arbeitgeber vermutlich an den aktuellen Maßnahmen festhalten, da er ja Infektionen vermeiden möchte. Selbst wenn er auf Maßnahmen verzichten würde, so könnten sich Mitarbeiter freiwillig durch eigene Maßnahmen (z.B. Maske tragen, obwohl dies nicht mehr vorgeschrieben ist) schützen.

Zwischenfazit:

Selbst, wenn ein Arbeitnehmer wüsste, dass Kollegen nicht geimpft sind, so sähen die Hygienekonzept nicht wirklich anders aus. Wenn es der Arbeitgeber anweist, dann müssen Arbeitnehmer trotzdem zurück ins Büro. Potentiell gefährdete oder ängstliche Arbeitnehmer können sich freiwillig selbst schützen, dafür ist es irrelevant zu wissen, ob der Kollege X schon geimpft ist oder nicht.

Erleichtert es eine Impfflicht, für bestimmte Bereiche Personal einzuplanen?

In diesem Szenario vertrauen Arbeitgeber darauf, dass sich Kollegen nicht untereinander am Arbeitsplatz anstecken, da sie beispielsweise nur geimpftes Personal räumlich zusammenarbeiten lassen.

Zwar infizieren sich generell immer weniger Menschen, da es mehr und mehr Menschen gibt, die bereits geimpft sind. Dennoch war es in der Vergangenheit laut Robert-Koch-Institut und Bundesregierung so, dass sich viele Bürger im Privaten infizierten. Zumindest waren das die Argumente für Ausgangssperren und Lockdowns. Folgt man diesem Gedanken, so werden sich Kollegen, zunehmend seltener, dennoch von Zeit zu Zeit, außerhalb des Arbeitsplatzes anstecken. Da die Delta-Variante so ansteckend ist und sich auch Geimpfte damit anstecken könnten, führt das zu den gleichen Konsequenzen wie oben bereits ausgeführt.

Zwischenfazit:

Auch hier zeigt sich, dass es völlig irrelevant ist, wie der Impfstatus eines Arbeitnehmers ist.

Datenschutz ist nicht absolut und ist mit Gesundheitsschutz und der Pandemiebekämpfung abzuwägen

Generell sind Grundrechte immer wieder gegeneinander abzuwägen. Da ich selbst Datenschutzbeauftragter bin, sei mir verziehen, dass ich in dieser Frage voreingenommen bin. Seit Beginn der Pandemie erfassen Organisationen permanent Kontaktdaten. Anfangs mit Papier, später durch die Corona-Warn-App und dann per luca-App. Mittlerweile ist es erstaunlich still um die Corona-Warn-App und die luca-App geworden. Mitte August berichteten unterschiedliche Medien, dass Gesundheitsämter die Daten der luca-App gar nicht nutzen könnten, um Infektionen nachzuverfolgen. Mangelnde Schnittstellen, unbrauchbare Daten, erheblicher Mehraufwand nannten die Ämter als Gründe. Warum müssen Organisationen diese Daten noch erheben und Bürger ihre Bewegungsdaten zur Verfügung stellen? Und das obwohl die DS-GVO vorgibt, nur erforderliche Daten zu verarbeiten.

Selbstverständlich bleibt es dem Gesetzgeber überlassen, gesetzlich zu regeln, wie Daten in einer Pandemie verarbeitet werden dürfen. Jeder kann vor Gerichten dagegen klagen, wenn man glaubt, dass Regelungen gegen das Grundgesetz verstoßen.

Warum wollen Arbeitnehmer nicht, dass ihr Arbeitgeber ihren Impfstatus abfragt?

Solange es keine allgemeine Impflicht gibt, dürfen sich Arbeitnehmer dagegen entscheiden, sich impfen zu lassen. Das ist ihre Freiheit, egal aus welchen Gründen. Sie haben legitime Interessen, dass ihr Arbeitgeber ihren Impfstatus nicht abfragt, denn ihnen drohen Nachteile:

1. Diskriminierung durch den Arbeitgeber

  • Der Arbeitgeber kann Druck auf sie ausüben, sich kurzfristig impfen zu lassen. Möglicherweise weist er sie an, im Home-Office zu bleiben oder weist ihnen Büros zu, in denen sie alleine oder mit anderen nicht Geimpften sitzen müssen.
  • Der Arbeitgeber könnte Mitarbeiter, die sich weigern sich impfen zu lassen, schlechter behandeln oder bewerten als andere Kollegen oder diese sogar entlassen.

2. Diskriminierung durch Kollegen

  • Andere Kollegen könnten Druck auf nicht geimpfte Personen ausüben. Nehmen wir an, diese würden in bestimmen separierten und gekennzeichneten Bereichen („Ungeimpft“) sitzen, dann könnten Sätze wie „Schaut mal, da sitzen die Impfverweigerer“ von geimpften Kollegen fallen.
  • Möglicherweise meiden sich die beiden Gruppen gegenseitig und verzichten darauf, sich persönlich zu begegnen. Denkbar wären auch Szenen an der Kaffeemaschine, dass Kollegen um eine Kollegin einen großen Bogen machen, bis die Luft wieder „rein“ ist.
  • Denkbar ist auch, dass Kollegen untereinander Neid und Missgunst schüren, da nur bestimmte Personen weiterhin aus dem Home-Office arbeiten dürfen.

3. Enge Grenzen für die Verarbeitung von Impfdaten durch Arbeitgeber

Organisationen dürfen Impfdaten nur ausnahmsweise verarbeiten. Krankenhäuser müssen nach dem Infektionsschutzgesetz bestimmte Impfungen abfragen oder auch das Masernschutzgesetz erlaubt, abzufragen, ob jemand gegen Masern geimpft ist. Lockerungen in anderen Bereichen könnten schleichend bewirken, dass die engen Grenzen sich weiten.

4. Problem der Löschung, selbst wenn nur temporär der Impfstatus erfasst wird

In der aktuellen Diskussion fiel auch der Vorschlag, dass man es Arbeitgebern erlauben könnte, dass diese den Impfstatus nur temporär erfassen. Zum Ende der Pandemie löschen Arbeitgeber diese Daten dann wieder, so die Idee. Aus leidiger Erfahrung als Datenschutzbeauftragter kann ich davon nur abraten. Grundsätzlich verfügen nur wenige Organisationen über tatsächlich funktionierende Löschkonzepte. Es ist fraglich, ob es gelingt zum Ende der Pandemie, alle Daten vollumfänglich zu löschen. Es ist recht wahrscheinlich, dass es bis dahin bereits zu Diskriminierungen oder sozialem Druck gekommen sein könnte.

Fazit: Scheindebatte anstatt die wirklichen Diskussionen zu führen

Ich bin selbst Arbeitgeber und auch ich muss die Sicherheit meiner Angestellten garantieren. Weder als Arbeitgeber und noch weniger als Datenschutzbeauftragter kann ich jedoch die Argumente der Arbeitgeberverbände nachvollziehen. Wie ich gezeigt habe, ist es nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich, den Impfstatus von Arbeitnehmern zu verarbeiten. Nur eine Gesetzesänderung ermöglicht es, dass Arbeitgeber diesen generell abfragen.

Wenn man den Einschätzungen der CDC und der britischen Gesundheitsbehörde zur Infektiösität der Delta-Variante glaubt, dann ist es völlig irrelevant, ob ein Arbeitgeber den Impfstatus seiner Arbeitnehmer kennt. Umsichtige Arbeitgeber tun gut daran, ihre bisherigen Schutzmaßnahmen fortzusetzen, da das die Wahrscheinlichkeit von Infektionen reduziert. Wenn sie das nicht tun, werden infizierte Arbeitnehmer wie bisher auch in Quarantäne müssen, so lange sich die gesetzlichen Regeln nicht ändern.

Die aktuelle Debatte, dass Datenschutz die Umsetzung von Schutzmaßnahmen verhindere, ist wieder eine Scheindebatte. Sie erinnert sehr stark an die Debatte, dass die Corona-Warn-App am Datenschutz scheitern würde. Fragte man nach konkreten Argumenten, weshalb Datenschutz diese verhindern würde, dann waren keine objektiven oder rechtlich begründbaren Argumente zu hören. Wer jetzt also den Impfstatus abfragen möchte oder wer dies erlaubt, akzeptiert Diskriminierungen, schwächt Persönlichkeitsrechte und verbessert in keinster Weise die Schutzmaßnahmen von Arbeitgebern. Er schwächt den Schutz von Arbeitnehmern.

Dass Arbeitgeber zur Normalität zurückkehren wollen, ist verständlich. Dass sie Kosten sparen wollen, da sie keine Tests mehr anbieten wollen, insbesondere, wenn es ab Oktober keine kostenlosen Tests mehr für nicht Geimpfte gibt, ebenfalls. Statt gegen das Grundrecht Datenschutz zu schießen, wäre es wünschenswert vom Bund und den Ländern eine klare und nachvollziehbare Gesetzgebung zu fordern, die für Arbeitgeber wie auch für Arbeitnehmer plausibel erscheint.

Dass es auch anders geht, zeigen andere Länder:

  • Dänemark hebt zum 10. September sämtliche Beschränkungen auf und definiert Covid-19 nicht mehr als Pandemie.
  • Irland will fast alle Beschränkungen im Oktober beenden.

Ja, diese Länder haben höhere Impfquoten, der Gesetzgeber könnte jedoch eine Impfpflicht für alle einführen, wie Niko Härting hier ausführt. Oder er könnte besser für Impfungen werben. Was der bessere Weg ist, müssen Bundestag- und Bundesrat entscheiden. Das wäre möglicherweise zielführender als eine Scheindebatte um Datenschutz zu führen und vor allem, dass sich Kollegen nicht gegenseitig diskriminieren oder dies durch den Arbeitgeber geschieht. Denn irgendwann wird auch diese Pandemie zu Ende sein und dann werden die Kollegen wieder zusammenarbeiten – und das wird ohne bis dahin erfolgte Repressalien vermutlich leichter sein.

Verfasser: Julian Häcker, 03.09.2021; zuletzt aktualisiert am 11.11.2021

Bild von mohamed Hassan auf Pixabay

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