Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) setzt hohe Anforderungen an die Datenverarbeitung von personenbezogenen Daten von Kindern und Minderjährigen. Die DS-GVO stellt in Erwägungsgrund 38 klar, dass die personenbezogenen Daten von Kindern besonderen Schutz verdienen und begründet dies darin, dass Minderjährige sich den Risiken, Folgen und ihrer Rechte weniger bewusst sind. Dieser Schutz zeigt sich an einigen Stellen der DS-GVO. Verantwortliche müssen daher spezielle Vorgaben beachten, wenn sie Daten von Kindern und Minderjährigen verarbeiten.
Informationen an Kinder und Minderjährige um der DS-GVO zu entsprechen
Nach Art. 12 DS-GVO müssen Verantwortliche Informationspflichten erfüllen, wenn sie Daten verarbeiten. In Art. 12 Abs. 1 DS-GVO wurden dabei besondere Voraussetzungen für Informationen an Kinder festgelegt. Informationen, die sich speziell an Kinder richten, unterliegen besonders hohen Anforderungen hinsichtlich ihrer Verständlichkeit und Wortwahl. Für die Informationen ist eine einfache Sprache zu wählen, was in einem so komplexen Thema wie dem Datenschutz sehr herausfordernd sein kann.
Besondere Berücksichtigung der Interessen von Kindern und Minderjährigen bei Interessensabwägung
Die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Daten verarbeitet werden dürfen. Eine mögliche Legitimationsgrundlage für die Verarbeitung von Daten kann das Berechtigte Interesse des Verantwortlichen sein. Die Anforderungen an die hierfür vorab durchzuführende Interessensabwägung wurde hinsichtlich betroffener Kinder deutlich verschärft. Eine Datenverarbeitung aufgrund eines berechtigten Interesses ist immer dann rechtmäßig, wenn die Interessen des Verantwortlichen die des Betroffenen überwiegen. Wenn die betroffene Person ein Kind ist, so hat nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DS-GVO diese Interessenabwägung besonders sorgfältig zu erfolgen. Die Interessen von Kindern sind besonders schutzwürdig und müssen besonders geachtet werden. Eine Verarbeitung von Kinderdaten ist somit oftmals nicht möglich, auch wenn sie es für Volljährige wäre. Daher ist bei der Durchführung der Interessensabwägung auf den Aspekt der Minderjährigkeit besonders zu achten.
Einwilligung von Kindern und Minderjährigen für Dienste der Informationsgesellschaft
In der DS-GVO gibt es nur an einer Stelle eine klar definierte Altersgrenze. Diese betrifft die Einwilligung in Dienste der Informationsgesellschaft. Ab dem 16. Lebensjahr können Minderjährige in eine Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten selbstständig einwilligen, sofern auf der Gegenseite Diensteanbieter der Informationsgesellschaft sind. Demnach ist bei Personen unter 16 Jahren ist die Einwilligung des Erziehungsberechtigten erforderlich. Wichtig an dieser Stelle ist, dass die Einwilligung im Voraus erteilt werden muss und keine nachträgliche Genehmigung der Erziehungsberechtigten erfolgen darf. Ob eine Einwilligung im Einvernehmen mit den Erziehungsberechtigten oder von diesen erteilt wurde, muss der Diensteanbieter sicherstellen. Diensteanbieter sind nach der EU-Richtlinie 2015/1535 elektronische Dienste des Fernabsatzes, welche auf Tätigwerden des Betroffenen und in der Regel gegen Entgelt Informationsdienste erbringen. Unter Informationsdienste fallen u. a. Soziale Medien und Online-Spiele. Sollte der Dienst nur Volljährigen angeboten werden, dann muss der Anbieter die Bedingungen nicht sicherstellen. Wenn nun jedoch der Dienst der Allgemeinheit angeboten wird, dann ist es erforderlich, dass der Diensteanbieter die Einholung der Einwilligung der Eltern sicherstellt..
Problematik der Regelungen der DS-GVO im Bezug von Datenschutz bei Kindern und Minderjährigen
Kinder wissen oftmals nicht von den Risiken und Gefahren des Internets und von ihren Rechten. Erziehungsberechtigte sind nicht in der Lage, Kinder im Internet effektiv zu schützen. Die Vorgabe aus der DS-GVO, dass die Einwilligung einzuholen ist, sollte das Kind unter 16 Jahre alt sein, ist zwar ein guter Ansatz, doch ob das Kind z. B. vor der Installation von Apps immer um Erlaubnis bittet oder nach einer Verweigerung durch die Erziehungsberechtigten bei der nächsten App diese erneut frägt, ist schwer vorstellbar. Lösungen bieten hierbei z. B. Funktionen wie der Family Link des Play Stores von Google. Über diesen können Apps für mehrere Personen verwaltet werden. Dennoch gerade an dieser Stelle sollte seitens der Gesetzgeber nachgebessert werden.
Einwilligung von Kindern und Minderjährigen für andere Verarbeitungszwecke
Besondere Vorgaben zu Einwilligungen von Kindern, wenn auf der Gegenseite keine Dienstanbieter sind, sind in der DS-GVO nicht geregelt. Das bedeutet jedoch nicht, dass jedes Kind dann eigenständig eine Einwilligung abgeben kann. Die Einsichtsfähigkeit ist hierbei entscheidend. Mit 16 Jahren kann davon ausgegangen werden, dass Minderjährige die Tragweite der Einwilligung erfassen können. In der Regel benötigt es ab diesem Zeitpunkt benötigt zusätzliche Einwilligung der Eltern. Wenn nun Kitas oder Schulen einen Ausflug machen und Fotos zur Erinnerung in den Räumlichkeiten aufhängen möchten, benötigen sie also die Einwilligung der Erziehungsberechtigten des Kindes.
Somit gilt es für Verantwortliche besonders darauf zu achten, wenn sie personenbezogene Daten von Kindern auf Basis einer Einwilligung verarbeiten wollen.
Fazit: Datenschutz von Kindern und Jugendlichen ist auch Erziehungssache
Der Gesetzgeber erkennt, dass die personenbezogenen Daten von Kindern besonders zu schützen sind und hat deshalb auch spezielle Anforderungen an die Verarbeitung von Daten von Kindern in der DS-GVO implementiert. Allerdings sind manche Regelungen wie die Einwilligung nach Art. 8 DS-GVO nur schwer umsetzbar und werfen daher Konfliktpotential in der Praxis. Dennoch sind v. a. die Eltern in der Pflicht ihre Kinder für den Umgang mit ihren Daten zu sensibilisieren. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hat in diesem Rahmen Hilfestellungen veröffentlicht, mit denen in einfacher Sprache Datenschutz erklärt werden kann. Eine Sensibilisierung zum Thema Datenschutz für Kinder sollte bereits in der Kita oder den weiteren Schulen stattfinden. Die Durchführung von Infoabenden für Eltern ist zudem eine weitere Möglichkeit, Eltern für den Datenschutz ihrer Kinder zu sensibilisieren. Für Verantwortliche gelten hohe Anforderungen und gerade soziale Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten müssen im Umgang mit den Daten von Kindern besonders Acht geben. Nicht nur bei Auskunftsersuchen, sondern auch bei möglichen Fotos von Ausflügen oder anderen, gesetzlich nicht vorgeschriebenen Datenverarbeitungen sind die rechtlichen Anforderungen und Legalität nicht immer eindeutig und sollten immer im Einzelfall geprüft werden. Hierbei ist es in jedem Fall empfehlenswert, den Rat des Datenschutzbeauftragten einzuholen.
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von Marc Menz, 15.07.2022
Weiterführende Links:
- Urteil des BGH: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=70419&pos=0&anz=1
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