Interessenabwägung & berechtigtes Interesse

Worum geht es?

Jede Verarbeitung personenbezogener Daten benötigt laut DS-GVO eine Rechtsgrundlage. Häufig wird dabei die Rechtsgrundlage ‚berechtigtes Interesse‘ (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO) zugrunde gelegt. Sie hat den Vorteil, dass sie recht frei auslegbar ist. Darin liegt jedoch auch eine Tücke: Im Gegensatz zu den anderen Rechtsgrundlagen in Art. 6 DS-GVO muss hier eine sogenannte Interessenabwägung durchgeführt werden.

Das bedeutet, dass die Interessen des Verantwortlichen abgewogen werden mit den Interessen des Betroffenen. Um die Daten verwenden zu dürfen, muss der Verantwortliche dabei zum Ergebnis kommen, dass sein Interesse an der Verarbeitung nachweisbar schwerer wiegt als das Interesse des Betroffenen.

Lösungsmöglichkeiten

Die Beantwortung folgender Fragen kann Sie bei der Interessenabwägung und deren Dokumentation unterstützen:

  1. Ist der Zweck, den Sie mit der Verarbeitung erreichen wollen legitim?
  2. Wie geeignet ist das Mittel, das Sie einsetzen wollen, um den Zweck zu erreichen?
  3. Ist die Datenverarbeitung erforderlich, um den Zweck zu erreichen?
  4. Sind die für den Zweck erhobenen Daten verhältnismäßig und angemessen?

Die Beantwortung dieser Fragen unterstützt Sie dabei, zum entscheidenden Schluss zu kommen: Welches Interesse überwiegt hier?

Mit dem folgenden Beispiel lässt sich die Interessenabwägung nachvollziehbar veranschaulichen:

Sie betreiben eine Webseite und wollen damit am Markt sichtbar sein. Sie verarbeiten in diesem Rahmen die IP-Adresse und das Datum des Webseitenaufrufs des Betroffenen, damit Ihre Webseite aufgerufen werden kann.

  1. Am Markt sichtbar zu sein und von Interessenten gefunden zu werden, ist wohl in so gut wie allen Fällen ein legitimer Zweck. Wie sonst sollen Sie Ihre Produkte oder Dienstleistungen anbieten und damit verkaufen?
  2. Dieser Zweck wird mit dem Betrieb der Webseite ganz bestimmt erreicht, denn die meisten Menschen haben einen Internetzugang und können Ihre Webseite somit aufrufen und Sie finden. Es gibt heutzutage kaum eine Organisation, die ohne Internetauftritt am Markt bestehen kann.
  3. Die Verarbeitung von IP-Adresse und des Zeitpunkts vom Aufruf sind definitiv erforderlich. Sie können Ihre Webseite sonst rein technisch nicht betreiben.
  4. Die hierbei vom Betroffenen verarbeiteten Daten sind weder sensibel, noch verarbeiten Sie sehr viele seiner Daten. Im Verhältnis zur Wichtigkeit, die ein Internetauftritt für Sie hat sind die erhobenen Daten daher sowohl verhältnismäßig als auch angemessen.

Hier überwiegt eindeutig Ihr Interesse als Webseitenbetreiber. Insgesamt wiegt Ihr Interesse an einem Online-Auftritt schwerer als das Interesse des Betroffenen am Schutz der Daten, die dabei von ihm erfasst werden: Der Betrieb Ihrer Webseite auf der Grundlage eines berechtigten Interesses wie oben beschrieben ist somit zulässig.

Ihr Nutzen der dokumentierten Interessenabwägung

Damit Sie Ihre Rechenschaftspflichten erfüllen, empfehlen wir Ihnen, die Interessenabwägung schriftlich zu dokumentieren. Das hilft Ihnen dabei, sich darüber klar zu werden, ob Ihr Interesse an der Verarbeitung wirklich das Interesse des Betroffenen überwiegt. Zudem werden Sie in manchen Situationen möglicherweise gezwungen sein, Ihr überwiegendes berechtigtes Interesse schriftlich darzulegen. Dies kann z.B. aufgrund eines Widerspruchs gegen die Verarbeitung der Fall sein. Auch kann es vorkommen, dass Sie vor einer Aufsichtsbehörde oder in einem Gerichtsverfahren nachweisen müssen, dass Sie die Verarbeitung wirklich rechtmäßig vorgenommen haben.

Sie benötigen Unterstützung bei Ihrer Interessenabwägung von jemandem, der Datenschutz besser machen kann? Dann freuen wir uns über Ihre Nachricht!

Hilfreiche Links:

In der Orientierungshilfe der Aufsichtsbehörden für Anbieter von Telemedien finden Sie ab S. 11 ausführlichere Informationen zur Interessenabwägung inkl. Muster.

Ein weiteres Beispiel für eine Interessenabwägung finden Sie in unserem Blogbeitrag zum Speichern von Geburtsdaten

Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar, sondern spiegelt nur unsere Erfahrungen als Datenschutzbeauftragte wieder.

Verfasser: Mareike Fischer, 08.02.2021

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